Was ist Angst? Der richtige Umgang in der Lebenskrise
  0

Wenn Markus mal wieder vor einer großen Entscheidung steht, bekommt er panische Angst. Er hätte die Möglichkeit, für einen besseren Job in eine andere Stadt zu ziehen, weit weg von seinen Freunden und der Familie. Eine gute Idee? Woher soll er denn wissen, ob das eine gute Entscheidung ist, wenn sich dies erst im Rückblick zeigen wird? Er könnte sich jetzt einreden „Lasse ich es einfach auf mich zukommen, egal was kommen mag!“ oder lieber auf Nummer sicher gehen und den gewohnten Pfad gehen. Der richtige Umgang mit der Angst kann in einer Lebenskrise entscheidend sein.

Wahrscheinlich hat jeder schon mal Angst gespürt. Vielleicht bist Du nachts unterwegs. Ist das dort eine andere Gestalt? Oder doch nur Bäume? Dir wird unwohl und Du möchtest am liebsten die Flucht ergreifen. Wenn Du Angst hast, warnen Dich Geist und Körper vor möglichen Risiken. Dabei wird sie ganz klar von der Furcht abgegrenzt, die sich auf etwas Konkretes bezieht. Wenn Du eine Spinne siehst, weißt Du, dass Du Dich vor ihr fürchtest, anders bei der Angst, die auf etwas Unbestimmbares gerichtet ist, wie eben ein Umriss in den Ästen der Bäume, der auch eine bedrohliche Gestalt sein könnte. Oder eben das, was Dich in einer fremden Stadt erwarten könnten, wie im Fall von Markus.

VOR DEM ABGRUND STEHEN

Was ist Angst? Der erste Mensch, der so richtig darüber nachdachte, um was es sich bei Angst handelt, war der dänische Philosoph Sören Kierkegaard. Für ihn zeichnete Angst sich zunächst einmal durch folgendes aus: durch das „Nichts“. Laut Kierkegaard beginnt Angst dort, wo man nichts über seine Zukunft weiß, man sozusagen in der Ungewissheit schwebt. Da, wo noch nichts ist, könnte etwas sein, aber was genau? Im Fall von Markus könnte es sein, dass ihm seine neue Stelle überhaupt nicht gefällt, er irgendwann Gefallen an der neuen Stadt verliert oder total vereinsamt. Wenn im Gegensatz dazu Klarheit darüber herrscht, wenn ein Mensch also ganz genau weiß, was ihm bevorsteht, hat er in der Regel keine Angst. Was uns also ängstigt ist, Freiheit haben zu können, Freiheit zu entscheiden, was wir gerne machen wollen. 

Sören Kierkegaard stellte das sich in etwa so vor: Du stehst vor einem klaffenden Abgrund und schaust in die Tiefe. In dem Moment, in dem Dir richtig bewusst wird, wie tief es dort nach unten geht, wird Dir plötzlich schwindelig. Der Abgrund steht für die tausenden Möglichkeiten, die Dir offen stehen. Nicht zu wissen, welche Du davon ergreifen kannst, kann aufgrund der tausend Optionen schwindelig machen. Hört sich nicht schön an! Theoretisch ist also klar, um was es sich bei der Angst handelt. Wie zeigt sich Angst konkret im Alltag?

SO ZEIGT SICH ANGST

Oft bemerkst Du eindeutige körperliche Signale. Dein Puls kann sich beschleunigen, Deine Pupillen weiten sich, Deine Hände beginnen, sich unsicher zu bewegen. In Deinem Bauch lastet ein sehr schweres, unangenehmes Gefühl. Sie kann sich auf einen kurzen Zeitpunkt richten oder sogar zu einer länger anhaltenden Grundstimmung werden. In der Regel hat jeder Mensch diese situationsbezogene Angst, die in der Psychologie als „state anxiety“ bezeichnet wird. Schwieriger kann es allerdings bei einer „trait anxiety“ werden. Das bedeutet, dass auch in Situationen, in denen rein objektiv betrachtet keine Bedrohung zu erwarten ist, eine Angst entsteht. (1)

WENN ANGST KRANK MACHT

Ist Angst eine Krankheit? Von einer Angststörung ist in der Psychologie dann die Rede, wenn Ängste einen so großen Teil im Leben ausmachen, dass ein normaler Alltag nicht mehr möglich ist. Angst ist dann nicht mehr auf echte Befürchtungen bezogen, auf echte Situationen gerichtet, sie entfernt sich viel eher von der Realität und macht so zunehmend handlungsunfähig. Die Symptome einer solchen Störung sind folgende:

  • Befürchtungen, die nicht mehr auf die Realität bezogen sind,
  • übertriebene Sorgen in jeder Alltagssituation (z. B. Partner könnte Autounfall haben),
  • öfter erhöhter Pulsschlag und schnelles Atmen, bis hin zu Schwitzen und Zittern,
  • häufig Konzentrations- und Schlafprobleme.

Im Extremfall kann dies in Kombination mit einer Depression auftreten bzw. sich aus der Angst eine Depression entwickeln. Allerspätestens dann ist psychologische Hilfe angeraten. Aber Angst zu haben bedeutet nicht automatisch auch krank zu sein. Sie gehört zum Alltag einfach dazu und kann uns in einem gesunden Maß sogar nützen – dazu später mehr. Was Du aber auf keinen Fall denken solltest ist, dass Du selbst die Angst bist – sie ist eine Illusion! Nimm sie nicht zu persönlich. Sie überkommt uns ganz plötzlich und legt sich über uns wie ein Schleier, der uns lähmt und hemmt. Wenn Du wütend bist, würdest Du auch nicht behaupten, dass das Du selbst bist? Oder? Angst ist eines Deiner Gefühle, das Dich begleitet, aber letztendlich nicht das, was Dich als Menschen auszeichnet. 

DIE ÄNGSTE BESIEGEN?

Können wir lernen, Ängste zu besiegen? Sie zu bekämpfen ist oft nicht so einfach. Vielleicht bist Du selbst von Angst oder sogar Angststörungen betroffen und hast nach Übungen gesucht. Eine Hilfestellung könnte ein Mantra sein, dass Du immer und immer wiederholst. Wie werde ich Angst los? Ersetze ganz einfach das Wort Angst durch „Chance“. Gehe gedanklich diesen Satz immer und immer wieder durch:

Habe keine Angst, sehe es als Chance! Habe keine Angst, sehe es als Chance! Habe keine Angst, sehe es als Chance!

Irgendwann, es kommt natürlich nicht von heute auf morgen, könnte es sein, dass Du tatsächlich daran glaubst. Das Leben in der neuen Stadt, das Markus so ängstigt, könnte dann für ihn viel mehr ein spannender neuer Aufbruch sein. Denn das Leben hat so viel zu bieten! 

Eine übersteigerte Angst kann uns im Leben extrem einschränken. In so einem Fall kann es Sinn machen sich aktiv mit ihr auseinanderzusetzen. Menschen, die so oder so schon ängstlich veranlagt waren, bekamen noch mehr Probleme in der Coronakrise. Ihr kennt bestimmt jemanden in Eurem Freundeskreis, der nicht mehr das Haus verlassen wollte. Menschen, von denen Ihr Monate lang nichts mehr gehört habt, weil sie von der Pandemie verängstigt wurden. Jeder Gang zum Supermarkt wurde dann zu einer Herausforderung. Schließlich könnte an jeder Ecke der Virus lauern, eine Ungewissheit die wirklich quälen kann!

DAS GESUNDE MAß

Markus hat Angst vor einer großen Lebensentscheidung. Soll er sich der Herausforderung stellen und für einen besseren Job in eine andere Stadt ziehen oder bleibt er besser in gewohnten Fahrwassern in seiner Heimatstadt bei seinen Freunden und Familie? Dass die Angst vor der Ungewissheit existiert, ist erst einmal normal, schließlich könnte tatsächlich viel passieren, das Markus nicht wirklich selbst in der Hand hat. Zusätzlich kommt es ihm so vor, als würden alle Menschen in seinem Umfeld solche großen Schritte mit Leichtigkeit meistern. Wichtig ist, die Ursachen der Angst zu erkennen und die Angst selbst zuzulassen, so lange sie noch im Rahmen ist. 

Ein gesundes Maß an Angst gehört tatsächlich zum Leben dazu. Komplett angstfrei zu leben, wäre verantwortungslos, weil ohne Angst nicht mehr wirklich über Konsequenzen nachgedacht würde, manchmal sogar überhaupt nicht nachgedacht würde. Was dann übrig bliebe, wäre ein blindes Verfolgen der eigenen Triebe. Im Fall von Markus sollte also auf keinen Fall nur einseitig in die Zukunft geblickt werden. Es gibt auf der einen Seite großartige Chancen, auf der anderen aber auch Risiken, die er zum jetzigen Zeitpunkt nicht richtig einschätzen kann. Wenn die Angst also berechtigt ist, sich also auf eine reale Gefahr in der Zukunft bezieht, ist sie völlig in Ordnung. 

Als Markus irgendwann verstand, was sich hinter seiner Angst verbarg, war dies eine unglaublich wichtige Erkenntnis für ihn. Heute blickt er zurück und sagt: „Ich habe damals erkannt, dass ich eher ein „Gewohnheitstier“ bin. Daher bringen mich Veränderungen so richtig aus dem Konzept. Und auch wenn ich mir eine Neuerung oder Veränderung wünschte, wenn mich neue Dinge reizten, ich wurde dennoch panisch und hatte Angst. Der damals anstehende Jobwechsel, den ich übrigens nicht angetreten habe – und bis heute nicht bereut habe – war für mich ausschlaggebend dafür, dass ich gelernt habe, mich in solchen Situationen meiner Angst zu stellen, zu schauen, wo kommt sie jetzt genau her, und dann abzuwägen, mit welcher Entscheidung es mir besser gehen wird.“ 

Der richtige Umgang mit Angst bedeutet zu erkennen, ob eine Angst gerade zu der Situation passt oder nicht. Ist die Angst berechtigt oder nicht berechtigt? Denn wenn sie sich von der Realität entfernt, kann unser Leben dadurch stark beeinträchtigt werden. Sie muss nicht vollkommen besiegt werden. Es liegt an uns, ob wir uns von ihr komplett einnehmen lassen oder sie als einen Teil des Lebens zu erkennen. Es geht darum, die Angst zu verstehen!

Wie erhalte ich professionelle Hilfe? Wer von Angst betroffen ist, kann auch darüber nachdenken, ein Coaching in Anspruch zu nehmen. Unsere Experten von reality bites sind speziell ausgebildet, Dir in so einer Lage helfen zu können. Schau gerne bei uns vorbei, Du kannst Dich in unserem Portal mit Gleichgesinnten austauschen.

Oder schreibe uns gerne über Deine Erfahrungen mit dem Thema Angst. Uns ist es ein Herzensanliegen, mit echten Geschichten Menschen berühren und helfen zu können:

 info@realitybites.online

Dein Team von reality bites.

Quellen:

  • (1) https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/psychologie/angst/pwwbangst100.html
  • Bilder: www.unsplash.com