Co-Abhängigkeit – Die Sucht nach Liebe und Bestätigung in einer Beziehung
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Dass man ohne die Person, die man liebt, nicht mehr leben möchte, geht schon einmal schnell über die Lippen. Die Aussage ist auch verständlich, schließlich liebt man diesen Menschen und möchte ihn auf keinen Fall verlieren. Was aber, wenn aus der „mal so daher gesagten“ Floskel bittere Realität wird und man sich in der Beziehung völlig verliert? Wie sich eine Co-Abhängigkeit äußern kann und wie man sich aus dieser Abhängigkeit befreit, erfahrt Ihr in diesem Artikel.

Franziska ist alleinerziehende Mutter zweier Kinder. Nach Jahren des Alleinseins hat sie endlich jemanden kennengelernt, der sich in ihr Familienleben einbringt, als wäre er von Anfang an dabei gewesen. Er kümmert sich um die Kinder, ist liebevoll, aufmerksam und genau das, was Franziska gerade braucht.

Was bedeutet Co-Abhängigkeit?

Ursprünglich kommt der Begriff aus dem Bereich der Suchterkrankungen. Nahestehende Personen versuchen, die Sucht der Betroffenen zu decken, zu rechtfertigen und stimmen ihr eigenes Leben vollkommen auf das der erkrankten Person ab. Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Martin leidet unter seiner Alkoholsucht, damit ist er aber nicht allein. Seine Frau deckt seine Alkoholsucht bei Martins Arbeitgeber und nimmt die Schuld für seine ständigen Fehlverhaltensweisen auf sich. Damit er nicht bestraft wird. Sie verlässt ihren Arbeitsplatz, um ihn aus der Kneipe abzuholen.

Ein ähnliches Verhalten lässt sich auch in Liebesbeziehungen finden. Co-Abhängige stimmen ihr Leben vollends auf das ihres Partners ab. Eingeschlossen sind daher auch die eigenen Gedanken und Taten. Jedoch ist die Co-Abhängigkeit nicht mit der emotionalen Abhängigkeit zu verwechseln. Bei einer emotionalen Abhängigkeit ist nur ein Partner der Abhängigkeit verfallen, während sich der andere Partner vielleicht sogar an dieser Abhängigkeit stört. Bei der Co-Abhängigkeit sind beide Partner voneinander abhängig. Einer in der Beziehung nutzt die Abhängigkeit der anderen Person zu seinen Gunsten. Somit ist dieser Part abhängig von der Abhängigkeit des anderen. Und hiermit kommen wir zu der Frage, wie die Co-Abhängigkeit aussehen kann.

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Co-Abhängigkeit – so kann sie sich äußern

Zwei Anzeichen für die Co-Abhängigkeit haben wir schon angesprochen. Weitere Anzeichen sprechen für eine Co-Abhängigkeit:

  • Du kannst ohne den Partner nicht leben und möchtest diese Person unter gar keinen Umständen verlieren.
  • Deine Gedanken und Deine Taten drehen sich überwiegend um die geliebte Person.
  • Du versuchst, Gedanken, Gefühle und Handlungen des Partners zum eigenen Vorteil zu kontrollieren und auch zu manipulieren.
  • Dabei geht der Bezug zu Deinen eigenen Gefühlen und Bedürfnissen komplett verloren und Du stellst Dein Leben komplett hinten an.
  • Bist Du nicht mit Deinem Partner zusammen, hast Du das Gefühl, dass Dir etwas fehlt.
  • Du brauchst die Aufmerksamkeit und Bestätigung Deines Partners, weil Du Dir nicht bewusst bist, wie wertvoll Du bist.
  • Demütigung und körperliche Gewalt, die Du durch Deinen Partner erfährst, schrecken Dich nicht ab.
  • Auch gegen Deinen Willen lässt Du Dich auf sexuellen Kontakt ein.
  • Dein Partner macht deutlich, dass Du zu sehr klammerst, und er zieht sich zurück.

Laut dem Portal bessergesundleben.de können weitere Anzeichen auf eine Co-Abhängigkeit hindeuten:[1]

  • Du hast Angst vor negativen Gefühlen Deines Partners.
  • Du hast Angst davor, verlassen zu werden.

Einige Monate später fallen Franziska allerdings vermehrt Schattenseiten an ihrem Partner auf. Er hat keinen Job, bewirbt sich zwar auf Drängen von Franziska, fährt aber eine Chance nach der anderen gegen die Wand. Er hat eine 180°-Wendung gemacht. Ihm scheint es vollkommen egal zu sein und Franziska nimmt die Situation einfach nur noch so hin. Denn sie hat Angst, ihn durch ihre ständigen Aufforderungen zu verlieren. Also entscheidet sie sich, für ihn aufzukommen. Sie kocht für ihn, er darf ohne Gegenleistung oder einen Beitrag zur Miete bei ihr wohnen. Das kostet Geld. Denn nun verpflegt sie eine Person mehr in ihrem Haushalt. Auch wenn ihr die Situation zu schaffen macht und sie sich um ihre gemeinsame Zukunft sorgt: Ihre Liebe zu ihm ist stärker.

Ist es Liebe oder Co-Abhängigkeit?

Dr. Doris Wolf, Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin, erklärt den Unterschied zwischen wahrer Liebe und Abhängigkeit. Auch wenn es vielen nicht bewusst ist: Manchmal verwechseln wir Liebe mit der Sucht nach Liebe und Bestätigung. Worin liegt also der Unterschied? „So ganz einfach ist die Trennung zwischen beiden Formen der Liebe nicht, denn für die von Beziehungssucht Betroffenen mag sich ihre Liebe echt anfühlen.“ Weiter sagt sie: „Viele Menschen sehen es auch als ideale Liebe an, wenn man bereit ist, für den Partner alles zu tun. Äußerungen wie „ich bin ohne dich nichts“ oder „für dich tue ich alles“ gehören zu unserer Vorstellung von romantischer Liebe, die in unzähligen Liedern und Gedichten beschrieben und besungen wird.“[2] Wie sich die Co-Abhängigkeit äußert, haben wir schon geklärt, aber wie steht die wahre Liebe im Verhältnis zur Abhängigkeit?

Was spricht für die wahre Liebe?

  1. Beide Partner haben ähnliche Interessen und Ziele.
  2. Man akzeptiert sich gegenseitig und respektiert die Grenzen des anderen.
  3. Beide Partner vertrauen sich und sind sich ihrer Liebe sicher.
  4. Das Selbstwertgefühl beider Partner ist groß genug und sie wissen, dass ihr Leben auch ohne den anderen weitergeht.
  5. Ehrlichkeit und offene Kommunikation ist das A und O für beide Liebenden.

Welche Ursachen gibt es für eine Co-Abhängigkeit?

Häufig liegen die Ursachen in der Kindheit. So kann es sein, dass man durch die Eltern keine Liebe oder emotionale Sicherheit erfahren hat, die Eltern Suchtprobleme hatten oder man früh viel Verantwortung übernehmen musste, was einen überfordert hat. Auch kann es sein, dass man nicht gelernt hat, sich selbst zu lieben und sich so Zweifel breit gemacht haben. Ein weiterer Grund für die Co-Abhängigkeit kann sein, dass hohe Erwartungen an einen gestellt wurden und man nur Zuwendung bekam, wenn Leistung erbracht wurde. Dabei mussten die eigenen Wünsche oft zurückgestellt werden.

„All diese Merkmale habe ich erst sehr spät wahrgenommen. Er hat mich beispielsweise nie respektiert und ehrliche Kommunikation kam auch nur von meiner Seite. Das ist mir aber auch erst aufgefallen, als ich schon mitten in der Abhängigkeit steckte. Dass ich abhängig von ihm und seiner Aufmerksamkeit war, wurde mir klar, als er mich dazu zwang, weiterhin für ihn kochen und ihn bei mir wohnen zu lassen und er nur noch zu Hause herumhing. Aber Feiern gehen konnte er. Liebe zeigen? Das war nicht drin. Und ich war gerade noch stark genug, gegen diese Sucht nach seiner Aufmerksamkeit anzukämpfen.“

Wie befreie ich mich aus der Co-Abhängigkeit?

Vielleicht erkennst Du Dich in einem dieser Punkte wieder. Damit ist der erste Schritt bereits getan! Bevor Dich jemand anderes lieben kann, musst Du erst Dich selbst lieben und Dich wertschätzen können. Dafür brauchst Du keinen Partner, denn Aufmerksamkeit kannst Du und solltest Du Dir auch selbst schenken. Weiterhin ist es wichtig, liebevoll zu sich zu sein und sich auch mal zu loben. Denn das ermutigt und so ist die Versagensangst nicht mehr all zu groß.

Suche den Kontakt zu Gleichgesinnten (www.realitybites.online) und tausche Dich aus. So erfährst Du, dass Du nicht allein bist und Dich nicht schlecht fühlen musst. Manchmal hilft nur noch Unterstützung von außerhalb. Und das ist okay. Nimm diese Hilfe an und suche Dir psychologische Unterstützung. Dabei können Kindheitserfahrungen aufgearbeitet werden, die möglicherweise ein Grund für Deine Co-Abhängigkeit sind.

Franziska hat eine Online-Gruppe gefunden und gemerkt, dass es nicht ihre Schuld ist. In ihrer Kindheit musste sie früh Verantwortung übernehmen und zu Hause dafür sorgen, dass sie und ihre Geschwister versorgt waren, denn ihre Eltern waren aufgrund ihrer Drogensucht dazu nicht in der Lage. „Heute bin ich stark genug und weiß, dass ich gut so bin, wie ich bin und mich für niemanden verbiegen muss, um Aufmerksamkeit und Liebe zu erfahren. Ich habe endlich jemanden gefunden, der mich versteht und alles ganz langsam mit mir angeht. Wir lernen uns gerade richtig kennen und dieses Kennenlernen ist kein Vergleich zu meiner vorherigen Beziehung. Das tut auch meinen Kindern gut!“

Autor: Redaktion LOVEbites


[1] Co-Abhängigkeit in der Beziehung: 5 Anzeichen – Besser Gesund Leben

[2] Wahre Liebe oder Abhängigkeit (Liebessucht)? (partnerschaft-beziehung.de)

Credits: Photograph by Tim Mossholder & NeONBRAND on Unsplash