Ein Schönheitsideal prägt einen Menschen
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Katharina leidet schon ihr Leben lang unter dem Druck von Schönheitsidealen. Dabei schwankt sie zwischen den Extremen: In ihrer Kindheit verfällt sie dem Binge Eating und wird übergewichtig. Später als junge Frau magert sie ab

Der Körper ist für die meisten das Normalste der Welt, für manche aber bestimmt er das komplette Leben. Katharina weiß aus einer Zeit, in der sie exzessiv Datingsapps benutzt hat, dass allein das Aussehen bestimmen kann, wie viel Aufmerksamkeit man bekommt. „Ich wusste, dass ich mehr Matches bekomme, wenn ich weniger wiege“, erzählt sie. Also verfolgte sie das Ziel, immer weniger Kilos auf der Waage zu haben, mit dem Glauben, sie könne so mehr Bestätigung bekommen. Doch nicht nur in der Datingapp, auch in ihrem unmittelbaren Umfeld, an den Blicken, an der Art, wie Männer mit ihr redeten, merkte sie einen Unterschied. Sie wurde viel mehr gesehen und begehrt im Vergleich zu der Zeit, in der sie sich zu dick fühlte.

Wie nehme ich mich wahr?

Das Gefühl zum eigenen Körper kann zum Teil erheblich von der Realität abweichen. Katharina weiß im Rückblick, dass sie oft einem von der Gesellschaft erzeugten Schönheitsideal ausgeliefert war. „Da ist es normal, sich mit anderen zu vergleichen“, sagt sie, betont aber, dass ihre Vergleiche nichts mit dem echten Leben zu tun hatten. Zeitweise war sie so stark auf einzelne Körperteile fixiert, dass sie glaubte, es handelte sich hier um eine Missbildung, für die andere sie ablehnen könnten. Dabei spielte es keine Rolle, ob das wirklich so war oder ob das Körperteil in der Realität für andere Menschen vollkommen normal oder sogar schön aussah.

Manchmal wurde es für sie deswegen auch gefährlich. Katharina konnte sich zeitweise in solche Ideen hineinsteigern, so stark, dass ihr gewohnter Alltag darunter litt. Das konnten Körperteile sein, wie beispielsweise ihre Brust, aber auch andere Merkmale. Besonders aufgewühlt schildert Katharina im Gespräch eine Situation im Flughafen, in der sie panisch wurde, als sie das Gefühl hatte zu stinken. In der Toilettenkabine schließlich sprühte sie sich mehrmals mit Parfum ein und hörte plötzlich eine Durchsage des Piloten, der auf ihren unangenehmen Geruch aufmerksam machte. Durch therapeutische Hilfe weiß Katharina heute, dass sie sich diese Stimmen nur eingebildet hat und ihr Geruch in diesem Moment nicht wirklich ein Problem war.

Ein neues Körpergefühl

Diese Ereignisse sind schon ein paar Jahre her, aber auch heute noch muss sie aufpassen, nicht zu sehr in ihre eigene Welt zu verfallen. Auch wenn sie weiß, dass in der Corona-Zeit viele mit mentalen Problemen zu kämpfen hatten, für sie war diese Zeit sogar befreiend. Bevor die Pandemie ausbrach, kellnerte sie in einem bekannten Düsseldorfer Nachtclub. Ihr Körper wurde hier zum Schauobjekt von Männern und sie konnte direkt beobachten, wie ihr Aussehen beeinflusste, wie viele Münzen am Ende ihrer Schicht im Geldbeutel landeten. Die Welt in diesem Nachtclub war für sie ein Abbild der Gesellschaft, sie dachte, so und nicht anders sind die Menschen von Natur aus.

Diese Erfahrungen verstärkten nur den Glauben, in einer Welt zu leben, die nur von den Schönheitsidealen beherrscht ist. Dieser Glaube wurde in Frage gestellt, als das Nachtleben sozusagen von dem einen auf den anderen Tag nicht mehr stattfand. Als während Corona alle Nachtclubs schließen mussten, war Katharina viel mit ihrer Mitbewohnerin zu Hause und erlebte sich selbst und ihren Körper auf einmal ganz anders.

Zeit mit sich selbst

„Da ich zu Hochzeiten der Pandemie nicht mehr vor die Tür ging, waren Schönheitsideale plötzlich nicht mehr so wichtig“, erzählt sie rückblickend. Katharina weiß aber auch, dass es vielen deutlich schlechter ging und dass sie glücklich sein kann, mental gestärkt aus der Corona-Zeit zu gehen. Und auch im Liebesleben hatte sich bei ihr einiges geändert. Nach vielen wechselnden Beziehungen, bekommt sie von ihrem jetzigen Partner zurückgemeldet, dass ihr Körper in Ordnung ist. Manche Muster treten zwar immer noch auf, aber sie fühlt sie durch die Erfahrungen mit sich selbst während der Pandemie und durch ihren neuen Partner deutlich gestärkt.

Heute möchte sie ihre Erlebnisse teilen, denn ihr Wunsch ist, dass andere Menschen nicht Ähnliches wie sie erleiden müssen. Katharina weiß heute, dass sie in bestimmten Situationen anders gehandelt hätte, wenn sie über bestimmte Skills Bescheid gewusst hätte. Deshalb empfiehlt sie, auf jeden Fall mit Menschen zu sprechen, die sich mit mentalen Problemen auskennen.

Auf dem Portal www.realitybites.online kannst du einen Experten für deine persönlichen Lebensthemen finden. Von Schlafstörungen, über Stress am Arbeitsplatz bis hin zu Problemen mit Schönheitsidealen. Zu jedem Thema haben wir einen passenden Ansprechpartner.

Photography by Karolina Grabowska on pexels