Entscheidungen treffen leichter gemacht
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Jeden Tag werden wir vor neue Herausforderungen gestellt. Eine davon: Entscheidungen treffen. Oder vielmehr: Die RICHTIGEN Entscheidungen treffen. Manche Entscheidungen können wir leichter fällen als andere. Einige Entscheidungen möchten wir unbedingt treffen. Andere Entscheidungen schieben wir Tage, Wochen, Monate oder vielleicht sogar Jahre vor uns her. Warum? Weil diese Entscheidungen weitreichende Folgen haben? Wir Angst vor den Konsequenzen haben? 

Es ist wieder einer dieser Abende. Paula sitzt regungslos auf der Kante ihres Sofas und starrt in den dunklen Flur. In Gedanken vertieft kommt ihr erneut dieses eine Thema in den Sinn: ihre Zukunft. Seit langer Zeit stellt sie sich die Frage, ob sie alles hinter sich lassen soll, um ihren Traum zu verwirklichen: auswandern – in die USA. Sie stellt sich die hohen Wolkenkratzer in New York vor und den Central Park, in dem sie spaziert. Ein Grinsen macht sich auf ihren Lippen breit. Genauso schnell ist dieses Grinsen aber auch wieder verflogen und die Schattenseiten, die diese Entscheidung mit sich bringen werden, schießen Paula in den Kopf. „Ich würde alles und jeden hinter mir lassen. Bei null anfangen. Eigentlich ist es doch genau das, was ich möchte! Aber ich kann nicht. Ich kann nicht einfach meinen Job aufgeben, meine Familie und meinen Freund zurücklassen. Denn für ihn ist es keine Option auszuwandern. Wie soll ich mich bitte entscheiden?“

20.000 – zwanzigtausend – Alltagsentscheidungen

So viele Entscheidungen treffen wir laut dem Münchner Hirnforscher Ernst Pöppel vermutlich jeden Tag. ¹Die meisten von ihnen werden „blitzschnell“ getroffen, so Pöppel weiter. Auch gibt es Entscheidungen, die wir jeden Tag erneut treffen: Was soll ich heute anziehen? Mit welchem Verkehrsmittel fahre ich heute zur Arbeit? Biege ich jetzt links ab oder erst an der nächsten Kreuzung? Kaufe ich mir den roten oder doch lieber den grünen Pullover? Nehme ich die Treppe oder den Fahrstuhl? All diese Fragen wollen täglich beantwortet werden. Eine Entscheidung muss her. Wir vertrauen hier auf unser Bauchgefühl. Die erste Entscheidung treffen wir wohl, wenn wir morgens aufstehen – oder auch nicht. Dann bleiben wir liegen. Nur noch ein paar Minuten. Und da ist sie: die erste getroffene Entscheidung des Tages. Sie fällt uns sicherlich nicht allzu schwer. Uns begleiten jedoch nicht nur alltägliche Entscheidungen, sondern auch solche, die das weitere Leben grundlegend verändern. Dazu Dorothee Ellerbrake, Diplom-Betriebswirtin sowie Familien- und Paarberaterin in Düsseldorf: „Die meisten Menschen sehen sich im Laufe ihres Lebens damit konfrontiert, weitreichende Entscheidungen zu treffen. Bleibe ich in der Beziehung? Ist das beruflich alles, was in mir steckt, oder geht da noch mehr? Wie kann ich den Kontakt zu meiner Herkunftsfamilie besser gestalten? Oder geht es mir besser, wenn ich den Kontakt abbreche? Soll ich nochmal in eine andere Stadt ziehen? Ins Ausland? Fragen über Fragen. Man lebt schließlich nur einmal.“

Paula atmet tief ein. „Ich werde eine Pro- und Contra-Liste anfertigen. Die wird mir Klarheit verschaffen!“ Pro: Ich verwirkliche meinen Traum. Contra: Ich verletzte mein Umfeld. Pro: Ich kann einen Neuanfang wagen. Contra: Ich MUSS einen Neuanfang wagen. „Ach, Mensch… Egal wie ich mich entscheide, ich werde jemanden verletzten. Entweder die anderen oder mich.“ Mittlerweile ist dies die vierte Liste, die Paula mit Argumenten für und gegen eine Auswanderung anfertigt. Jedes Mal sind neue Argumente hinzugekommen. Und jedes Mal hat es sie noch mehr verunsichert, als dass Licht ins Dunkeln gebracht wurde. Von einer Entscheidung ist Paula noch meilenweit entfernt.

 

Warum fällt es schwer, Entscheidungen zu treffen?

Wie sieht es denn nun mit all den Entscheidungen aus, die uns Kummer und schlaflose Nächte bereiten? Woher kommen unsere Entscheidungsschwierigkeiten? Dazu kann uns Dorothee Ellerbrake mehr verraten: „Manchmal sind es Ängste, die uns im Weg stehen und ausbremsen. Oftmals haben uns aber auch unbewusst andere Motive zu einer Entscheidung geführt. Dies realisieren wir erst viel später. Häufig ist die Unsicherheit, eine grundlegende Entscheidung zu treffen, auch die Angst vor der Kritik aus dem Umfeld. Also die berühmte Frage: Was sollen die anderen denken? Wenn es um essentielle Entscheidungen in unserem Leben geht, ist es nur allzu verständlich, dass uns etwas Panik beschleicht. Was ist, wenn ich zu viel aufgegeben habe und die Entscheidung bereue? Nur selten sind Entscheidungen allerdings wirklich „falsch“. Denn wenn wir in einer bestimmten Lebenslage eine Entscheidung getroffen haben, fühlte sich das in dem Moment richtig an. Sonst hätten wir anders entschieden.“ Aber auch andere Gründe können für Entscheidungsschwierigkeiten verantwortlich sein:

  1. Sich für etwas zu entscheiden, bedeutet gleichzeitig, sich auch gegen etwas anderes zu entscheiden.

Sehen die Alternativen deutlich besser aus, fällt die Entscheidung auch viel leichter. Anders ist es, wenn eine Entscheidung genauso viele Nachteile wie Vorteile mit sich bringt. Egal, wie man sich entscheidet: Die Folgen haben Auswirkungen.

  1. Die Möglichkeiten sind zu vielfältig.

Wenn die Auswahl an Möglichkeiten zu groß ist, kann uns das überfordern. Dabei geht auch gerne einmal der Überblick verloren, sodass man aufgibt und frustriert ist. Sich nicht zu entscheiden, ist aber auch eine Entscheidung.

  1. Die Sicherheit muss bei 100 % liegen.

Alles andere ist nicht sicher genug. Gerade bei Entscheidungen, die das Leben grundlegend verändern werden, möchte man eine Absicherung haben. Eine 100 %-ige Sicherheit, dass alles nach Plan verläuft und bloß nichts schiefgeht. Aber diese Sicherheit wird es nicht geben. Und auch das verunsichert.

Wie werden Entscheidungen beeinflusst?

Emotionen – das große Stichwort! Ob Angst, Freude oder Machtgefühle: Emotionen beeinflussen unsere Entscheidungen. Treffen wir eine Entscheidung, erinnern wir uns an vergangene Ereignisse und die Gefühle, die wir mit diesen Ereignissen in Verbindung bringen. Dadurch werden die anstehenden Entscheidungen beeinflusst. Das Gehirn sucht nach positiven Gefühlen. Werden Erinnerungen und vergangene Entscheidungen in uns wach, die ein schlechtes Gefühl mit sich bringen, entscheiden wir uns so, dass die negativen Gefühle nicht noch einmal auftreten. War eine Entscheidung in der Vergangenheit gut und hatte viele positive Konsequenzen, dann entscheiden wir uns bei einer ähnlichen Situation eben so, dass wir wieder ein gutes Gefühl haben können. Aber nicht nur Emotionen spielen eine entscheidende Rolle bei der Entscheidungsfindung, sondern auch andere Faktoren und Situationen. Dazu zählen: Beleuchtung, Schlafdauer, körperliches Wohlbefinden, Sitzposition, Beziehungsstatus, Wetter u. v. m.  

Beleuchtung und Sitzposition… Wie soll das denn mit meiner Entscheidungsfähigkeit in Zusammenhang stehen? Das lässt sich an einem Beispiel wunderbar verdeutlichen. Stelle Dir vor, Du befindest Dich in einem Bewerbungsgespräch und musst Dich von Deiner besten Seite präsentieren. Dazu gehört auch eine gewisse Konzentrationsfähigkeit. Das Licht ist grell und Deine Konzentration zu bewahren, fällt Dir überhaupt nicht schwer? Aber wie wäre es mit einer sanften Beleuchtung ausgegangen? Für viele hat das softe Licht etwas Träges und Gemütliches. Nichts, um hellwach und konzentriert zu bleiben, um so eine vernünftige Entscheidung treffen zu können. Andere hingegen empfinden grelles Licht als extrem störend und können nur schwer die Konzentration behalten.

Ähnlich ist es mit der Sitzposition. Auch hier ein Gedankenexperiment: Du sitzt auf der Couch und möchtest arbeiten. Halbliegend. In Jogginghose. Zugedeckt. Der Laptop liegt auf dem Schoß. Kommst Du so gut voran? Oder eher mit geradem Rücken sitzend am Tisch? Oder vielleicht sogar im Stehen? Jeder hat seine eigenen Vorlieben und so fällt es auch jedem unterschiedlich leicht oder schwer, Entscheidungen zu treffen.

Schlafdauer, Beziehungsstatus und körperliches Wohlempfinden erklären sich von selbst, denn diese Situationen kennen wir alle. Wer zu wenig schläft, hungrig und/oder müde ist, kann kaum einen klaren Gedanken fassen und erst recht keine große Entscheidung fällen.

Das mit den klaren Gedanken ist so eine Sache. Paula hat auch keinen klaren Gedanken fassen können, denn im Hinterkopf hatte sie immer ihren Freund und ihre Familie. Was ihre Entscheidungen beeinflusst hat, war also ihr Beziehungsstatus und ihr gesamtes Umfeld.

„Triffst du Entscheidungen nur für andere, lebst du nicht dein Leben, sondern das Leben anderer. Und das kann nicht erfüllend sein.“²

Der Persönlichkeitscoach Stephan Wiessler trifft den Nagel auf den Kopf. Wo bleibt denn mein Glück, wenn ich immer nur Entscheidungen für andere und gegen mich treffe? Sich einer nahen Bezugsperson anzuvertrauen, kann – wie wir später in Paulas Fall erfahren werden – sehr hilfreich sein. Genauso kann aber auch das andere Extrem auftreten und eine Entscheidung zu treffen, rückt in noch weitere Ferne, denn dann sind weitere Perspektiven einbezogen, die man vorher gar nicht bedacht hat. Mehr Möglichkeiten können entstehen, die eine Entscheidung dann fast unmöglich machen.

Aber wie trifft man denn nun die richtige Entscheidung? Das hat sich auch Paula gefragt, nachdem sie sich eingestehen musste, dass keine fünfte und auch keine sechste Pro- und Contra-Liste ihr die Entscheidung abnehmen wird. Am nächsten Tag hat Paula ihre Mutter besucht, denn ihr kann sie alles anvertrauen. In ruhiger Atmosphäre fasst sie sich ein Herz und spricht an, was ihr auf der Seele brennt: „Du weißt ja, dass ich schon immer nach New York ziehen wollte. Ich…“, da unterbricht ihre Mutter sie schon mit den Worten: „Mach es.“ Und lächelt ihr zu. „Ich wundere mich, dass Du das Thema erst so spät ansprichst. Aber mir ist auch klar, dass Du unseretwegen auf Dein Glück verzichten würdest. Aber das ist keine Option. Was hält Dich denn hier? Den Kontakt zu Deinen Liebsten kannst Du auch vom anderen Ende der Welt aus halten. Du kannst zu uns kommen und wir zu Dir. Ich würde Dir lediglich raten, hier vorab alles Wichtige zu organisieren und dann kannst Du endlich Deine Träume verwirklichen! Wenn Dich jemand nicht bei dem, was Du liebst, unterstützt, dann brauchst Du diesen Menschen auch nicht in Deinem Leben. Ob es gelingt und Du dort wirklich glücklich wirst, kannst Du erst sehen, wenn Du da bist. Versuche es. Versuche Dein Glück.“ – „Mama“, bringt Paula nur über die Lippen und vergießt ein paar Tränen. Nicht, weil sie traurig ist, sondern weil ihr ein riesiger Stein vom Herzen fällt. Weil sie weiß, dass ihre Mutter recht hat. Weil sie endlich ihre Entscheidung getroffen hat. „Du hast recht.“ 

Wie kann ich die richtige Entscheidung treffen?

Auch hier hat Dorothee Ellerbrake einen Tipp: „Oft blockieren uns lang gehegte Glaubenssätze, wie z. B. „ich bin nicht gut genug“, eine Entscheidung zu fällen. Oder die Angst, zu „versagen“. Dann ist es hilfreich, den Blick nach innen zu richten. Zumal wir die meisten Reize im Außen wahrnehmen. Ich kann mir Fragen stellen wie: Was macht mich wirklich glücklich? In welcher Lebensphase war ich besonders zufrieden bzw. unzufrieden? Was habe ich in dieser Zeit gelernt und wie kann ich jetzt darauf zurückgreifen? Was macht mir besonders viel Angst?“ Eine weitere Möglichkeit bietet z. B. die 10-10-10-Methode.

  1. 10-10-10-Methode für schnellere Entscheidungen

    Die 10-10-10-Methode hilft dabei, schneller Entscheidungen treffen zu können. Indem sie Dir einen neuen Blick auf die Tragweite Deiner Entscheidung gibt, kannst Du schnell abschätzen, ob Du mehr oder weniger Zeit für eine Entscheidung einplanen solltest. Frage Dich: Was sind die Konsequenzen meiner Entscheidung…
    … in 10 Minuten?
    … in 10 Monaten?
    … und in 10 Jahren?

    Je mehr Konsequenzen es in einer größeren Zeitspanne gibt, desto wichtiger ist die Entscheidung und Du solltest sie in Deiner Zeitplanung priorisieren.

  1. Was sagt Dir Dein Herz?

Wir vertrauen auf unseren Bauch und auf unseren Verstand. Aber unser Herz lassen wir völlig außer Acht. Aber was ist, wenn in Deinem Herzen die Antwort steckt? Versuche es einmal und höre darauf, was Dein Herz Dir sagt.

  1. Konzentriere Dich auf die grundlegenden Dinge

Steht ein Jobwechsel an – vielleicht in einer anderen Stadt oder sogar in einem anderen Land, sind damit viele Dinge verknüpft. Kommt die Familie mit? Werde ich allein sein? Du wirst viele organisatorische Probleme lösen müssen. Aber das ist alles erst einmal zweitrangig. Frage Dich, ob Du überhaupt in eine andere Stadt oder ein anderes Land ziehen möchtest. Ob Du Dir vorstellen kannst, dort Dein Leben zu verbringen. 

  1. Akzeptiere die Ungewissheit

Ja, man möchte die Sicherheit oder Gewissheit haben, dass alles gut wird. Dass die Entscheidung richtig war. Aber das wird es nicht geben. Für das Leben gibt es keine Garantie. Das musst Du akzeptieren.

  1. Routinen können helfen

Auch alltägliche Entscheidungen können schwerfallen. Da bieten Routinen eine gute Hilfestellung. Sie nehmen kleine Entscheidungen ab und geben Deinem Tag so eine schöne Struktur. Wie wär´s mit einer Tasse Tee jeden Morgen nach dem pünktlichen Aufstehen? Oder 10 Minuten Sport am Abend? Deiner Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

In den nächsten Wochen hat Paula mit der Unterstützung ihrer Familie alles Notwendige in die Wege geleitet, um ihre Auswanderung möglich zu machen. Sie hat schon einen neuen Job gefunden und wird vorerst in einem Hostel unterkommen, bis sie in eine eigene Wohnung ziehen kann. „Auf das, was kommt, freue ich mich sehr. Das Gespräch mit meiner Mutter hat mir die Augen geöffnet. Von meinem Freund habe ich mich getrennt, denn er hatte kein Verständnis für meine Entscheidung, aber da trauere ich nicht hinterher“, erzählt sie mit einem breiten Lachen im Gesicht.

Fällt es Dir auch schwer, Entscheidungen zu treffen?

Berichte uns gerne oder lasse Dich von unseren Experten beraten.

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Dein Team von reality bites.

(1) Zeitdruck im Job: 20.000 Blitzentscheidungen pro Tag (wiwo.de)

(2) 7 erforschte Tipps, um gute Entscheidungen zu treffen (stephanwiessler.de)

Credit: Nick Fewings on unsplash & Pablo García Saldaña on unsplash.