Die Einsamkeit – mein bester Freund
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Einsamkeit – ein Gefühl, das keiner haben möchte. Und trotzdem ist die innere Leere ein Teil von vielen Menschen geworden. Nach außen hin lässt man sich vor lauter Scham nichts anmerken. Innen drin sieht das Ganze aber vollkommen anders aus. Schmerzen, Unwohlsein in Menschenmassen und die Isolation aus dem engsten Umfeld sind nur wenige Symptome der Einsamkeit. Diese haben auch bei Julia deutliche Spuren hinterlassen. Wie sie die innere Leere wieder füllen konnte.

Samstagabend gegen acht Uhr: Julia sitzt mit ihrer Familie zusammen und lacht herzlich, als sie die Spielfigur ihres Mannes beim Brettspiel „Mensch, ärgere Dich nicht“ kurz vor dem Ziel herausschmeißt. Ihre Kinder, Eltern und Schwiegereltern sind mit von der Partie. Die Stimmung ist ausgelassen und es scheint, als seien alle Anwesenden glücklich. Eine Person ist aber alles andere als glücklich: Julia selbst. Die Person, die am lautesten gelacht und die anderen zum Mitmachen animiert hat. Insgeheim fühlt sie sich einsam. Sie ist zwar nicht allein, aber eine innere, schmerzende Leere spürt sie dennoch.

Julias Beispiel zeigt: Man muss nicht allein sein, um sich einsam zu fühlen. Und nicht jeder, der allein ist, ist auch einsam. Alleinsein beschreibt eine Situation.Ein Mensch ohne Gesellschaft ist allein. Er ist sozial isoliert. Anders als man vielleicht denkt, genießt der Großteil der Menschen die Zeit, die allein verbracht wird. Die Zeit allein ist in einigen Fällen sogar erwünscht. Denn manchmal braucht man eine Auszeit, um sich zu erholen und sich mit sich selbst zu befassen. Wie viel Zeit jemand allein verbringen kann und möchte, ohne das Gefühl von Einsamkeit zu verspüren, ist unter anderem von der jeweiligen Persönlichkeit und den aktuellen Lebensumständen abhängig. Sich einsam zu fühlen bezeichnet hingegen lt. Stangl-Lexikon „die negative Empfindung, von anderen Menschen getrennt zu sein, wobei dieses subjektive Gefühl nicht zwangsläufig mit physischem Alleinsein und tatsächlicher sozialer Isolation zusammenhängen muss“. Martin Hautzinger, Psychologieprofessor an der Universität Tübingen, fasst zusammen: „Alleinsein ist ein soziales Phänomen … Einsamkeit hingegen ist ein psychologisches Phänomen.“ Auch inmitten Hunderter Menschen kann man sich einsam fühlen.

 Als Julia kurz im Badezimmer verschwindet, ist nichts mehr von der Fröhlichkeit übrig. Ihr Kopf ist voller Gedanken: „Möchten sie überhaupt, dass ich dabei bin? Habe ich zu laut gelacht? War ich einfach ,too much?‘ Ich lasse das lieber. Vielleicht sage ich einfach, dass ich müde bin und lege mich schlafen…“ Nach einer kurzen Weile setzt sie sich wieder zu ihrer Familie, von der sie schon sehnsüchtig erwartet wird: „Da bist Du ja endlich wieder! Wir haben Dich schon vermisst. Du bist an der Reihe, aber jetzt schmeiß endlich mal Marianne raus, sonst gewinnt sie noch“, begrüßt sie ihr Mann und gibt ihr einen Kuss auf die Stirn. Zu gehen ist nun keine Option mehr, schließlich möchte sie die anderen nicht enttäuschen. Wohl fühlt Julia sich nach den vielen Gedankengängen aber nicht mehr und das merken auch die anderen…

Julia ist 46 Jahre alt, Mutter, glücklich verheiratet und steht mitten im Leben. Doch zunehmend ändert sich ihre Gefühlslage. Sie fühlt sich auf Feiern nicht mehr wohl und auch nicht willkommen. Viele Freunde hatte sie nie. Nicht zu Schulzeiten und auch nicht im späteren Leben. Das machte ihr schon immer zu schaffen. Mit der Zeit und der wachsenden Familie hat sie dieses Gefühl verdrängt und sich einfach mit der Situation abgefunden. Doch mittlerweile fühlt sie sich isoliert und einsam.

Nicht nur Julia ergeht es so. Lt. einer Umfrage von Splendid Research aus dem Jahr 2019 fühlt sich durchschnittlich jeder sechste Deutsche häufig oder ständig einsam. Und auch junge Leute leiden unter diesem Gefühl und distanzieren sich dadurch von anderen Menschen und der Öffentlichkeit. 2019 gab ca. ein Viertel der deutschen Bevölkerung bis 39 Jahre an, sich häufig oder ständig einsam zu fühlen. In der Altersklasse zwischen 46 und 90 Jahren stieg der Anteil der Personen, die sich einsam fühlen, von 9 % auf 13,7 % (Deutscher Alterssurvey, 2020). Die Zahl derjenigen, die unter Einsamkeit leiden, steigt stetig und seit der Pandemie fühlen sich ca. 30 % der Deutschen häufiger einsam als früher (Statista, 2020).

„Am schlimmsten ist die Einsamkeit zu zweit.“

Statistisch gesehen sind Unverheiratete zwar häufiger einsam als Verheiratete, weil die Ehe anscheinend hilft, Gefühle von Einsamkeit zu dämpfen oder zu unterdrücken. Wenn sie nicht sogar zur Falle wird: John T. Cacioppo und William Patrick schrieben 2011: „Als verheirateter Mensch hat man manchmal weniger Gelegenheit, andere Verbindungen – selbst platonische – zu knüpfen.“

Lt. Cacioppo und Patrick nennen die meisten Menschen als wichtigste Ursachen zum Glücklichsein „Liebe, Vertrautheit und soziale Bindungen“. Wenn man diese Faktoren nun nicht empfindet, fühlt man sich unweigerlich innerlich leer und einsam. Es ist quälend, sich ausgeschlossen zu fühlen. Und aus diesem Isolationsgefühl folgt der weitere Rückzug – eine Abwärtsspirale, die nicht ohne Folgen bleibt.

Wozu führt die Einsamkeit?

Einsamkeit, die nicht vergehen will, neigt dazu, sich zu potenzieren und ein Teufelskreislauf beginnt, in dem Betroffene zudem unter weiteren Empfindungen, Symptomen und Verhaltensweisen leiden:

  • verstärktes Wahrnehmen der Widrigkeiten des Alltags,
  • verstärkter Pessimismus,
  • verstärkt defensives Verhalten,
  • verstärktes Vermeidungsverhalten,
  • geringere Kooperations- und Hilfsbereitschaft,
  • erhöhte Ängstlichkeit,
  • erhöhtes Misstrauen,
  • erhöhte Aggressivität.

Einsame Menschen unterstellen zudem oft, dass andere ihnen nicht gut gesonnen sind und abfällig von ihnen denken. Somit entwickeln sie lt. Cacioppo „eine ständige Bereitschaft zur Selbstverteidigung“. Es entsteht eine Zwickmühle: Eigentlich bedarf es Hilfe von anderen, damit man dem Einsamkeitsgefühl entfliehen kann, aber es wird – je länger bereits Einsamkeit gefühlt wird – immer schwieriger, Hilfe von Dritten zu erhalten.

Julia konnte sich irgendwann selbst nicht mehr leiden. Bis tief in die Nacht haderte sie mit sich und der Welt. Sie schlief schlecht, fühlte sich morgens wie gerädert. Alles wirkte irgendwie dunkel und nebelig: „Irgendwie gab es gar keine Lichtblicke mehr, keine netten Begegnungen. Nichts gab mir mehr Kraft. Ich konnte nichts mehr positiv sehen.“ Für Julia war die Distanz zu anderen Menschen eine Form von Selbstschutz. „Mir fiel es schwer, mich anderen Menschen gegenüber zu öffnen und ihnen zu vertrauen. Weil ich immer das Gefühl und damit die Erwartung hatte, dass dieses Vertrauen sowieso missbraucht wird. Ich weiß, das klingt sehr pessimistisch, aber um positiv zu denken, ist mir leider schon zu oft eine solche Situation passiert. Mir war bewusst, dass das auf Dauer nicht gesund ist und mich noch einsamer werden lässt.“

Einsamkeit kann krank machen und ist ein ernstzunehmender Risikofaktor für die Gesundheit
Wir Menschen sind nicht für die Einsamkeit geboren. Früher lebten wir in Gruppen, damit wir gemeinsam Gefahren abwehren konnten. Daher gerät unser Körper in bedrohlichen Situationen – und so wird Einsamkeit von unserem Körper empfunden – in Alarmbereitschaft, er macht mobil: Adrenalin und Cortisol werden ausgeschüttet und Blutdruck und Blutzuckerspiegel steigen, das Immunsystem ist geschwächt. Die Gefahr, an Depressionen, Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs oder Demenz zu erkranken, steigt. Soziale Interaktion hingegen scheint das Herz zu schützen, das Immunsystem zu stärken und die generelle Sterblichkeit zu senken.

Als Julia ihren Zustand nicht mehr aushielt, fasste sie sich endlich ein Herz und sprach mit ihrem Mann über ihre Probleme und Gedanken. Und der zeigte viel Verständnis für Julias Situation und wurde mit ihrem Einverständnis sofort aktiv. Er hörte sich im Bekannten- und Freundeskreis um und verschaffte Julia einen Termin bei einer Therapeutin. „Das war allerdings das Letzte, was ich wollte. Ich war einsam, nicht psychisch krank! Die Auseinandersetzung mit dem Thema ‚ich muss in Therapie’ hat mich zunächst völlig überfordert.“ Dennoch willigte sie in einen Besuch ein und – anders als erwartet – war sie positiv überrascht von diesem Termin. Julia konnte ganz offen mit der Therapeutin sprechen und das tat gut. Die Therapeutin wurde für sie zur Bezugsperson und zur ersten Person seit langem, der sie vertraute. Und auch ihrem Mann gegenüber konnte sich Julia zunehmend öffnen. „Mein Mann hat sich immer Zeit für mich genommen und sehr einfühlsam reagiert. Ich fühlte mich endlich wahrgenommen und wertgeschätzt.“ Gemeinsam mit der Therapeutin machte Julia sich auf den Weg herauszufinden, wo die Wurzeln ihres Einsamkeitsgefühls lagen.

Kann man „anfällig“ sein für Einsamkeit?

Einsamkeit kann genetisch bedingt sein. Jeder Mensch ist individuell und so individuell ist auch sein Wunsch, Anschluss zu finden, dazu zu gehören und Nähe zuzulassen. Vielen Menschen ist zudem sehr wichtig, was andere von ihnen denken. So wichtig, dass es sie zutiefst verunsichert, wenn sie nicht das erhoffte oder gar kein Feedback erhalten. Im schlimmsten Fall haben sie das Gefühl, dass sie nicht wahrgenommen werden.

Julia fand gemeinsam mit ihrer Therapeutin heraus, dass das Gefühl, nicht wirklich dazu zu gehören, immer schon unterschwellig vorhanden war. Auch wenn sie sich oberflächlich über lange Phasen glücklich fühlte, brach das Einsamkeitsgefühl immer mal wieder durch. Anfangs seltener, später immer häufiger. Auslöser war das Mutterwerden. In ihrer anfänglichen Freude vergaß sie, Kontakt zu Arbeitskollegen und Freunden zu halten und neue Kontakte zu knüpfen. Sie schaute zunehmend neidisch auf andere, glaubte alle anderen glücklich und vernetzt, niemand kam auf sie zu. Irgendwie schien das Leben außerhalb ihrer Familie an ihr vorbeigezogen zu sein.

Oftmals verstärken die heutigen Lebensumstände die Gefahr der Vereinsamung
In der modernen Arbeitswelt ist heutzutage Mobilität gefragt. Wohnort ist nicht gleich Arbeitsort. Oder schlimmer: Arbeits- und Wochenwohnort ist nicht gleich Familienort. Ständig ist man „auf dem Weg“. Kontaktpflege zu Kollegen, Nachbarn, Freunden erfolgt ebenso: mal eben, zwischendurch, Hauptsache schnell – Vorschub für die „sozialen“ Medien.

Und in den sogenannten „sozialen“ Medien werden dann Follower mit Freunden verwechselt, Menschen werden auf Profile reduziert. Echte Freundschaften hingegen wollen gepflegt werden. Das kostet Zeit und ist auch mal anstrengend. Das ist verbindlich und persönlich. Das erfordert ein echtes Einlassen auf den anderen. In der digitalen Welt kann man dagegen wunderbar „Beziehungen“ führen und zeitgleich vor ihnen sicher sein. Diese Anonymität fördert Einsamkeit.

Häufig und gerne wird die Schuld für Vereinsamung in den Lebensumständen oder bei anderen gesucht. Das ist einfach: Alle sind so oberflächlich, die Kollegen meiden mich, irgendwie treffe ich immer die falschen Leute… Dabei ist es sicherlich angeraten, sich selbst und seine Ansprüche zu hinterfragen. Es ist nicht zielführend, darauf zu warten, dass sich andere auf mich zubewegen. Oder gar Aufmerksamkeit von anderen einzufordern. Das führt auf der Gegenseite oft eher zum Rückzug.


ACTION-BOX:
Die besten Tipps gegen Einsamkeit

  • Bei sich selbst beginnen: Seine eigene Situation möglichst objektiv betrachten – allein sein heißt nicht unbedingt einsam sein.
  • Routine und Struktur im Alltag: Detaillierte Tages- und Wochenpläne erstellen und einhalten, To-Do-Listen führen.
  • Selbstvertrauen stärken: Kleine Aufgabenpakete schnüren und Erfolge feiern.
  • Radius erweitern: Sich sozialen Kontakten stellen und sie erweitern – Schritt für Schritt zu einfachen Themen.
  • In Aktion treten: Hobbies (neu) entdecken, sich ehrenamtlich engagieren.
  • Selektieren: Kontakte und Beziehungen bewusst auswählen, mit möglichst vielen gemeinsamen Interessen.
  • Aufmerksamkeit verschenken und Bestes erwarten: Getreu dem Motto „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.“
  • Die Nummer gegen Einsamkeit: 0800 1110111 und 0800 1110222 Manchmal reicht es schon aus, sich den Schmerz von der Seele zu reden. Wer sich einem Menschen mitteilen möchte, ist bei der Telefonseelsorge in guten Händen. Die    Telefonseelsorge ist rund um die Uhr erreichbar.

 

Es gilt wie so oft: Selbst ist die Frau! Überwindung ist gefragt – einerseits, um auf sich selbst zu hören und sich selbst ernst zu nehmen und zu vertrauen, und andererseits, um mit diesem, anfangs noch zarten Pflänzchen des Selbstvertrauens, sein Schneckenhaus zu verlassen und in kleinen Schritten wieder am Leben „draußen“ mit echten sozialen Kontakten teilzunehmen.

Wir wissen, dass das alles leichter gesagt als getan ist. Aber wo ist das Problem, es einfach zu versuchen? Es kann nichts passieren! Außer, dass es Schritt für Schritt besser geht und man wieder glücklicher wird. Wichtig ist, das Tempo selbst zu bestimmen, sich nicht unter Druck zu setzen und zuzulassen, dass andere dabei helfen, wieder glücklich zu werden.

„Meine Therapeutin verordnete mir einen wöchentlichen Besuch an öffentlichen Stellen wie im Schwimmbad oder in der Stadt. Ich musste mindestens eine Konversation starten und diese nachher in meinem Notizbuch festhalten. Zuerst fand ich das komisch, aber mir hat es sehr geholfen.“ Zusätzlich hat Julia wieder mehr im Büro gearbeitet und begonnen, kleine Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen zu führen.

Das verlief natürlich alles nicht so glatt, wie man glauben mag. Aber Rückschläge gehören zur Einsamkeits-Bekämpfung dazu. „Während einer Therapiesitzung dachte ich: Was mache ich hier eigentlich? Das bringt doch nichts.“ Zwei Mal hat Julia sogar die Sitzungen ausfallen lassen und in dieser Zeit einen Rückfall erlitten. Die Einsamkeit kam zurück. Doch ihr Mann war für sie da. Er hat sie in den Arm genommen, mit ihr gesprochen und sie zur nächsten Therapiesitzung begleitet. Von da an ging es bergauf.

Hat Julia sich früher damit abgefunden, dass sie dazu neigt, sich einsam zu fühlen, akzeptiert sie es heute als einen Teil von ihr, so ist sie halt, sie lernt damit umzugehen. Sie hat erfahren und angenommen, dass sie so gemocht und geliebt wird, wie sie ist.

 

ACTION-BOX:
Julias Tipps – das hat ihr geholfen

  • Talente prüfen:
    Ich koche und singe gerne. Also habe ich mich zunächst zu einem Kochkurs „Italienisch kochen“ angemeldet. Wie der Zufall es wollte, singt die italienische Kursleiterin ebenfalls gerne und ermuntert die Kursteilnehmer, bei der Zubereitung der Speisen zu singen. Das bereitet mir so viel Freude, dass ich nun darüber nachdenke, es mal in einem Chor zu versuchen.
  • Bewegung statt Grübeln:
    Wenn ich merke, dass meine Gedanken in die falsche Richtung wollen, bewege ich mich. Auch wenn ich nicht wirklich sportlich bin: Spazieren gehen oder Fahrrad fahren ist meist machbar – heutzutage auch in einer Großstadt, ein Park ist eigentlich immer in der Nähe. Als nächstes werde ich mir Walkingstöcke kaufen und vielleicht ein kleines Trampolin, um ein bisschen an meiner Fitness zu arbeiten. Ich glaube fest daran, dass durch Bewegung Glückshormone freigesetzt werden – zumindest fühle ich mich danach immer besser.
  • Sich selbst etwas gönnen:
    Ich kümmere mich tatsächlich intensiver um mich, um das, was mir gut tut. Und spannenderweise nimmt mir das niemand in meinem Umfeld übel, denn ich bin ausgeglichener und habe viel mehr Kraft, mein Umfeld wahrzunehmen und auf die Belange meiner Familie einzugehen.
  • Arbeitsumfeld neu aufsetzen:
    Ich habe meine Arbeit immer gemocht, habe sie aber lange Zeit als Flucht genutzt oder mich hinter ihr versteckt. Heute bereitet mir die Arbeit noch mehr Freude, weil ich Kontakt zu einigen Kollegen habe. Hin und wieder bleibe ich länger im Büro und wir verbringen gemeinsam die Mittagspause.

 

Heute trifft sich Julia sogar mit Kolleginnen zum Frühstück. Sie reden ausgelassen und lachen viel. Julia wirkt glücklich, offen und ist insbesondere ihrem Mann und ihrer Therapeutin sehr dankbar: „Es war nötig. Es war bitter nötig, dass ich die Sitzungen regelmäßig besuche, denn nur deswegen kann ich heute hier mit meinen Kolleginnen, die mittlerweile auch meine Freundinnen sind, sitzen, kann mit ihnen lachen, ihnen vertrauen und auch ernste Dinge mit ihnen besprechen, die ich nicht unbedingt meiner Familie erzählen möchte.“ Niemals habe sie damit gerechnet, die Einsamkeit überwinden zu können, aber der Kampf ist gekämpft und wurde gewonnen.

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Quellen:

  • SPLENDID RESEARCH GmbH: Repräsentative Online-Umfrage Januar 2019: Einsamkeitsempfinden der Deutschen
  • Deutscher Alterssurvey: Einsamkeitsempfinden der 46- bis 90-Jährigen in den Jahren 2014, 2017 und 2020, Huxold, O. und Tesch-Römer, C.  (2021), DZA Aktuell 04/2021, Berlin, Deutsches Zentrum für Altersfragen
  • Statista: Umfrage November 2020 im Rahmen des ARD-DeutschlandTRENDs: Seit der Corona-Pandemie fühle ich mich häufiger einsam als früher?
  • myMarktforschung: Repräsentative Umfrage 2017: Wie einsam fühlen sich die Deutschen?
  • John T. Cacioppo, William Patrick: Einsamkeit. Woher sie kommt, was sie bewirkt, wie man ihr entrinnt. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2011
  • Martin Hautzinger: Wenn Ältere schwermütig werden. Hilfe für Betroffene und Angehörige. Beltz, Weinheim 2006
  • Bilder: www.unsplash.com

Jeder hat schon mindestens eine kritische Lebensphase durchlebt. Dazu zählen z. B. die Pubertät, Verlust von nahestehenden Angehörigen, Alter, Trennung vom Lebenspartner, Wohnort- oder Jobwechsel. Mit einer Veränderung muss man immer erst zurechtkommen, sie verarbeiten und akzeptieren. Das dauert. Und jeder bewältigt die jeweilige Veränderung anders. Eine kurze einsame Episode vergeht nach einiger Zeit, wenn man ein gesundes Selbstwertgefühl hat. Ist dieses nicht vorhanden oder sehr gering, kann aus einer vorübergehenden Traurigkeit jedoch auch schnell eine chronische Einsamkeit werden.

 

Was können Auslöser für das Gefühl der Einsamkeit sein?

Die Liste möglicher Ursachen ist lang und sehr individuell. Als häufige Gründe oder Auslöser wurden lt. myMarktforschung.de im Jahr 2017 unter anderem genannt:

  • zu viel Arbeit,
  • Umzug,
  • Erkrankung,
  • Trennung,
  • eigene Stimmung,
  • unpersönliche Kommunikation.

Bei der Arbeit ging Julia ihren Kollegen und Kolleginnen zunehmend aus dem Weg und mied Gespräche. Sie flüchtete sich in einen extremen Arbeitsdrang. Meist arbeitete sie von zu Hause und ging nur selten ins Büro. Wenn sie dann einmal vor Ort war, mied sie den Kontakt zu den anderen Mitarbeitern. Anstatt gemeinsam im Aufzug in die obere Etage zu fahren, nahm Julia lieber die Treppen. Sie ist sich sicher, dass auch ihr Wohnort zu einer verstärkten Distanz anderen Menschen gegenüber beiträgt. Sie wohnt in einer Großstadt. Hier sind viele Menschen auf einem Haufen, führen ein Leben in Stress und lokale Vereine oder Gruppierungen sind in einer Großstadt schwieriger zu finden als in kleineren Ortschaften.

„Klar, da war meine Familie, mit der ich immer reden konnte und auch kann. Ich weiß, dass sie mich lieben, aber trotzdem hat irgendetwas gefehlt. Eine Bezugsperson außerhalb? Andere Menschen zu sehen, die sich mit ihren Freunden treffen, gemeinsam lachen und einfach Spaß haben… Ich wünschte mir Nähe, schaffte es aber nicht, sie herzustellen. Das hat mir gefehlt und hat mich auch sehr bedrückt. So sehr, dass ich mich in meinem gesamten Umfeld nicht mehr wohl gefühlt habe und immer häufiger dachte, ich sei nicht erwünscht. Dieses Gefühl hat etwas mit mir gemacht und das war nicht gut. Ich kam da aber irgendwie auch nicht raus.“

Schon Erich Kästner wusste: